Intraurbane Migration in Windhoek/Namibia

Abstract

No abstract provided. The following is taken from the author's Introduction:

1. EINLEITUNG: 1. 1 Problemstellung, Fragestellung und Zielsetzung : Windhoek, Hauptstadt des seit 1990 unabhängigen Namibia, bietet dem Besucher ein sehr ambivalentes Stadtbild. Es scheint so, als trafen in dieser Stadt Erste und Dritte Welt aufeinander: Wohlhabenden Wohngebieten stehen ärmlichste Squatter-Siedlungen gegenüber und dicht neben dem eindrucksvollen Sitz der Diamantengesellschaft CDM verkaufen Frauen selbst hergestellte Kunstgegenstände

Bei näherer Beschäftigung mit dem Land und der Stadt wird rasch deutlich, dass diese Gegensätze im Stadtbild Ausdruck historischer Prozesse sind, die diesen Raum prägten

Seit 1884 erhielt Namibia seine Prägung durch den Kolonialismus, bis 1915 vom Deutschen Reich, zwischen 1915 bis 1990 von Südafrika, das nach 1950 mit der Apartheid eine fundamentalistische Form des Kolonialismus einführte

Die Fremdherrschaft hinterliess in Windhoek ein Erbe der Teilung. Die Bewohner der Stadt lebten noch 1977 klar getrennt nach Rassenzugehörigkeit, die gleichbedeutend war mit einem fixierten sozialen Status und weitgehend vorbestimmten wirtschaftlichen Möglichkeiten

Die Stadtbevölkerung wurde physisch, ökonomisch und sozial durch formelle legislative und ordnungspolitische Massnahmen hierarchisch nach Hautfarben getrennt. Im Stadtteil Katutura lebte die schwarze Bevölkerung mit den geringsten Rechten, dem niedrigsten Sozialstatus und dem schlechtesten Zugang zu ökonomischen Ressourcen. Khomasdal war der Stadtteil der Mischlinge oder Coloureds, die in der sozialen, rechtlichen und wirtschaftlichen Rangordnung eine Zwischenstellung einnahmen. Über ihnen standen die Weissen als führende Bevölkerungsgruppe, die im eigentlichen Windhoek lebte

Nach 1977 begann die langsame Auflösung dieser bis dahin sehr festgefügten strukturen. Mit der Unabhängigkeit Namibias 1990 entfielen die letzten formellen Grundlagen der physischen und sozialen Teilung der Stadt und ihrer Einwohner. Die neue Regierung machte Versöhnung und angestrebte Gleichberechtigung der Bevölkerungsgruppen zum wichtigsten Staatsziel

Es stellt sich die Frage, inwieweit sich die Unabhängigkeit auf die soziale und räumliche Struktur Windhoeks ausgewirkt hat. Bewirkte die Aufuebung aller formalen Regelungen für die rassisch-ethnische, soziale, ökonomische und physische Gliederung des Stadtraums einen Wandel oder zeigen die alten Strukturen eine hohe Persistenz?

Zur Beantwortung dieser grundlegenden Fragestellung scheint die Untersuchung der intraurbanen Migration in Windhoek ein geeigneter Weg. Migrationen können als eine Form der raumlichen Manifestation sozialer Prozesse verstanden werden. Innerstädtische Wanderungen sind zum einen abhängig von der Sozialstruktur der Stadt, zum anderen aber auch Indikator füur sozialen Wandel im Stadtraum. Darüberhinaus stellen intraurbane Migrationen einen autonomen Faktor fur sozialen und physischen Wandel desjeweiligen urbanen Raums dar

Veränderungen in Windhoek seit der Unabhängigkeit dürften sich somit in intraurbaner Migration niederschlagen

Damit ist die zentrale Zielsetzung dieser Arbeit bereits genannt: Intraurbane Migrationsmuster in Windhoek sollen im Zusammenhang mit der aktuellen Stadtentwicklung dargestellt, analysiert und bewertet werden. In dem einleitend skizzierten Abriss der Entwicklung und Struktur Windhoeks wird die Abhängigkeit der Stadtgenese, sozialräumlichen Struktur und intraurbanen Migration von den politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen im jeweiligen historischen Kontext geschildert. Das verweist auf die zweite zentrale Ziel dieser Arbeit:. Die Bedeutung historischer und aktueller politischer, gesellschaftlicher und ökonomischender Prozesse fur die Urbanisierung und die intraurbane Migration Windhoeks soll verdeutlicht werden

Diese Arbeit soll einen Beitrag leisten, den Kenntnisstand der sich seit der Unabhängigkeit in Greater Windhoek abspielenden Urbanisierungsprozesse zu erweitern, da jungere sozial- und bevölkerungsgeographische Untersuchungen fehlen. Räumlicher Schwerpunkt dieser Arbeit werden die Stadtteile Windhoek und Khomasdal sein, die im Vergleich zu Katutura in den letzten Jahren in der geographischen und sozialwissenschaftlichen Forschung vernachlässigt worden sind. Dies geschah aufgrund der dort existierenden massiven sozialen Probleme nicht zu Unrecht, dennoch erscheint eine Untersuchung Windhoeks und Khomasdals sinnvoll. Einschränkend muss betont werden, dass diese Arbeit weder die aktuelle Stadtentwicklung in ihrer Komplexität umfassend darstellen noch analysieren kann. Ebenso können intraurbane Migrationsprozesse nur selektiv untersucht werden

1. 2. ZUM AUFBAU DIESER ARBEIT: Es wurde eingangs dargestellt, dass intraurbane Migrationen einen dynamischen Prozess darstellen, der physische und soziale Veränderungen im urbanen Raum reflektiert. Sie sind damit ein Element der Urbanisierungsprozesse und Ausdruck übergeordneter sozialer Dynamik, die in dem jeweiligen Stadtraum aktuell ablaufen. Auf die Entwicklung eines städtischen Raumes und die Herausbildung der grundlegenden Strukturen haben die aktuellen und historischen politischen, sozialen und ökonomischen Rahmenbedingungen wesentlichen Einfluss. Daher wurde fur diese Arbeit eine historische Herangehensweise zur Bildung eines theoretischen Rahmens gewäihlt. Es erscheint deshalb sinnvoll, in Kapitel 2 zunächst den für Windhoek massgeblichen historischen Kontext von Kolonialismus, Apartheid und Post-Apartheid darzustellen und die typischen Urbanisierungsprozesse zu erläutern, die sich in diesem Rahmen vollzogen haben und aktuell vollziehen. Darauf aufbauend wird intraurbane Migration für diese Arbeit definiert. Nach Analyse der Urbanisierungsprozesse im Zuge von Kolonialismus, Apartheid und Post-Apartheid erweist es sich als unerlässlich, Segregation und Desegregation in den theoretischen Rahmen einzubeziehen und im weiteren Verlauf der Arbeit zu berücksichtigen

Anschliessend werden zwei Fallstudien, die intraurbane Migration und Desegregation in Windhoek und Harare untersuchen, geschildert. Diese beiden Untersuchungen werden in die Arbeit auf genom men, weil aus ihnen wichtige Erkenntnisse für die Vorgehensweise bei der eigenen Untersuchung intraurbaner Migration in Windhoek abgeleitet wurden. Komplettiert wird der theoretisch-methodische Rahmen mit einem Abschnitt, der das methodische Vorgehen der Untersuchung der intraurbanen Migration in Windhoek erläutert

Um die umfassende Darstellung der für die Untersuchung der intraurbanen Migration in Windhoek relevanten Strukturen, Prozesse und Faktoren zu gewährleisten, schildern Kapitel 3 und 4 detailliert Namibia und den Untersuchungsraum Windhoek. Da sich zeigte, dass sich die Stadtentwicklung Windhoeks nicht von den Entwicklungen auf nationaler Ebene trennen lässt, werden auch die politischen, sozialen und ökonomischen Gegebenheiten Namibias ausführlich beschrieben. In Anlehnung an die Vorgehensweise bei der Herstellung des theoretischen Konzeptes dieser Arbeit wird in beiden Fällen zunächst die historische Entwicklung erläutert, da sie für eine Beschreibung und Analyse der aktuellen Situation die historische Entwicklung unerlässlich ist. Einen besonderen Schwerpunkt bilden in Kapitel 4 der Wohnungsmarkt und der öffentliche Sektor

Der nächste Abschnitt, Kapitel 5, dient der Darstellung und Auswertung der eigenen Erhebung, die zur intraurbanen Migration in Windhoek durchgeruhrt wurde. Der Zusammenfassung und Bewertung alter Ergebnisse dieser Arbeit dient Kapitel 6 als SchluBabschnitt

Im Anhang finden sich neben der verwendeten Literatur und den benutzten übrigen Quellen auch eingehende Information über die methodische Verfahrensweise bei der durchgefuhrten Erhebung. Karten und einige erläauternde Anhänge zu den Kapiteln 3 und 4 komplettieren den Anhang