No abstract provided. The following is taken from the author's Introduction:
Einleitung: Ich sitze seit mehreren Stunden in dem Trockenflusibett des Omuhonga, einige Kilometer südlich des namibisch-angolischen Grenzflusses Kunene, an einem Wasserloch inmitten van Ziegen, Schafen, Rindern und Hirten der Himbahalbnomaden. Uaheqwa, mein Übersetzer, unterhält sich intensiv mil dem Himba Vahenuna und unterbreitet mir einen unerwarteten Handel. Vahenuna ist begeistert van meiner wasserdichten Uhr und würde sie gerne eintauschen. Was soll ich tun? Nun gut, ich lasse mich auf den Tausch ein. Uaheqwa erhandelt zwei Schafe. Vahenuna bekommt die Uhr, sein Ansehen bei den Frauen wird dadurch stei en, meint er. Uaheqwa freut sich über die getauschten Schafe, die ich ihm als Entgelt für seine Übersetzerdienste zuspreche. Ich fühle mich konfus und seltsam berührt nach diesem Tausch. Eigentlich bin ich hier, um als Student der Geographie, meine Abschlussarbeit über den Tourismus in der Kaokoregion zu verfassen
Im internationalen Tourismus und hierbei insbesondere bei Fernreisen in die Länder der sogenannten Dritten Welt zeichnet sich seit Ende der 70er Jahre ein enormer Zuwachs ab. Die Ferne rückt irnmer näher. Noch nie war das Reisen so erschwinglich und selbstverständlich sowie das Angebot so diversifiziert. In den Industrieländern ist Reisen zur gesellschaftlichen Norm geworden
Mit der Expansion des Tourismus wuchs auch die Kritik an dessen Schattenseiten. Neokolonialismus, Auflösung von Sozialstrukturen, kulturelle Verwestlichung, Umweltbelastungen, uvm. sind nur einige Schlagworte in diesem Kontext, die aus verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen genannt werden. Im Gegensatz dazu wird Tourismus von den Befürwortern in Industrieländern und den Eliten in der Dritten Welt als Möglichkeit fur eine 'nachholende Entwicklung' und als Devisenbringer angesehen, dem zugetraut wird, prekäre ökonomische Strukturprobleme aufzufangen
De facto ist es nicht angebracht von dem Dritte Welt Tourismus zu sprechen, und damit ebenso wenig von der Dritten Welt. Eine diesbezügliche Bewertung ist abhängig von spezifischen und vielschichtigen Faktoren. Eine Beurteilung muss von Ort zu Ort differenziert betrachtet werden, da beispielsweise die vorherrschende Form des Fremdenverkehrs, das Ausmass und die Intensität sowie die Reaktionen der einheimischen Bevölkerung überall verschieden ausfallen
Die räumliche Ausweitung des internationalen Tourismus hat seit mehreren Jahren das junge afrikanische Land Namibia erreicht. Dort verzeichnet der Fremdenverkehr, vorwiegend aus Mitteleuropa und Südafrika, seit der 1990 erlangten Unabhängigkeit, ein stetiges Wachstum. Für die namibische Wirtschaft ist der Tourismus hinter dem Bergbau und der Fischereiwirtschaft zum drittstärksten Faktor aufgestiegen
Die vorliegende Arbeit, die sich mit der Thematik des Fremdenverkehrs, speziell des Ethnotourismus, in der nördlichen Kunene-Region auseinandersetzt, ist die erste in ihrer Art und versteht sich als eine 'Annäherung' an ein komplexes Phänomen. Der überwiegende Teil der Ausführungen setzt sich aus einer exemplarischen Deskription mit Erklärungs- bzw. Interpretationsversuche der gesammelten Materialien zusammen
Das Anliegen der Arbeit ist eine Beschreibung der vielschichtigen Faktoren, die den Raum im Nordwesten Namibias in Vergangenheit und Gegenwart beeinflusst haben. Eine entscheidende Rolle bei der Strukturierung der Arbeit spielte das Ineinander von Globalität und Regionalität. Die Interaktion des Tourismus auf lokaler Ebene ist eingebettet in einen grösseren globalen und sozialen Kontext, in den internationalen Tourismus. Er dringt durch seine Tendenz der räumlichen Ausbreitung mehr und mehr in die Peripherie vor. Seine Strukturmerkmale wirken sich intensiv auf die nationale und lokale Ebene der touristischen Zielregion aus. Deshalb müssen Untersuchungen auf lokaler Ebene immer im Zusammenhang mit dem internationalen Tourismus gesehen werden
Im ersten Kapitel erfolgt eine entwicklungstheoretische Annäherung an den Themenkomplex Dritte-Welt-Tourismus mit einer Beschreibung seiner vielfältigen Implikationen
Im zweiten Kapitel werden Strukturen, Determinanten und Entwicklungen im namibischen Fremdenverkehrssektor aufgezeigt. Daran anschliessend wird im dritten, vierten und fünften Kapitel, - dem Hauptteil der Arbeit - die regionale und lokale Ebene in der nördlichen Kunene Region fokussiert. Historische Aspekte spielen dabei eine wichtige Rolle. Es werden die Raumnutzungsstrukturen in der bisher marginal erschlossenen nördlichen Kunene-Region, dem ehemaligen 'Homeland Kaokoland' beschrieben sowie Ursachen, Formen und Dimensionen des Natur- und Ethnotourismus bei 'den Himba', dargestellt. Dabei ist eine Einbeziehung der involvierten Akteure unerlässlich um vor allem die komplexen Vemetzungs- und Abhängigkeitsstrukturen aufzuzeigen
Im fünften Kapitel kommen die Hauptakteure zu Wort: die 'Bereisten' und die Touristen. Dieser Teil ist damit in erster Linie interpretativ, ohne den Anspruch repräsentativ zu sein
Ein kurzes Fazit am Ende der Arbeit bemüht sich um eine Bündelung der relevantesten Ergebnisse und will dadurch zeigen, dass das Vorliegende sich als ein erster Schritt versteht, der zu weiteren Forschungen einladen möchte
Das Phänomen Ethnotourismus steht an der Schnittstelle der Wissenschaftsdisziplinen Kulturgeographie und Ethnologie. Im Rahmen des bearbeiteten Themas wurde erneut die Relevanz des interdisziplinären Miteinanders der beiden Forschungsrichtungen deutlich
Die bisherige geographische Tourismusforschung über Namibia (vgl. Lamping; Kainbacher) verhaftet vielfach im Beschreiben der touristischen Grössen wie Touristenzahlen, Deviseneinnahmen, Raumnutzungen u. s. w., ohne dabei die historischen und sozialen Aspekte ernsthaft in den Blick zu nehmen. Gerade die Kaokoregion mit ihren besonderen Raumstrukturen, die auf alle dort lebenden Menschen einen sehr prägenden Einfluss ausübt, macht jedoch eine kulturgeographische und ethnologische Zusammenarbeit nahezu unerlässlich. Wieder hat sich erwiesen, dass Tourismus nicht nur eine ökonomische und räumliche Grösse beinhaltet, sondern vor allem eine soziale. Eine Vemachlässigung des menschlichen Interagierens würde einer Forschung mit humanem Anspruch nicht gerecht werden
Übernommen aus der ethnologischen Anschauung, in der es üblich ist, über das 'Dortsein' Rechenschaft abzulegen, formuliert der englische Schriftsteller Bruce Chatwin diesen Anspruch in der Frage: "What am I doing here?", "Es geht im modernen Reisen darum, imaginäre Vorstellungen real zu erleben; Phantasien sollen für einige Wochen im Jahr Wirklichkeit werden. Der Anspruch ist nicht so paradox oder illusionär, wie er auf den ersten Blick erscheinen mag. Der Überschuss an Symbolen, der sich in den Träumen zeigt, drängt nach Darstellung. Im Alltag hat er keinen Platz. Traditionelle Gesellschaften schaffen ihm Raum in Festen, Spielen, Ritualen, Kunst, Film, Fernsehen, Tourismus sind spezifische moderne Bereiche für die im Alltag überflüssigen Gefühle und Symbole" (Hennig 1997, S. 101)